Moviebase Ward, The
Im letzten Jahr kehrte ein Urgestein des Horrorkinos zurück auf die große Leinwand. Nach zehnjähriger Spielfilmabstinenz präsentierte John Carpenter sein neuestes Werk. Dabei darf nicht vergessen werden: Carpenter ist Schöpfer solcher Kultfilme wie "Halloween" mit Serienkiller Michael Myers oder "The Fog – Nebel des Grauens". Und auch "The Ward" ist die Handschrift des Regisseurs deutlich anzuerkennen. Nachdem es im Jahr 2001 um Geister auf dem Mars ging, ist nun eine Psychiatrie in den späten 1960er Jahren Schauplatz einer Carpenter'schen Gruselmär. Der Hang zum Altmodischen ist dabei nicht zu übersehen.
Völlig verstört wird Kristen (Amber Heard) in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Die junge, desorientierte Frau kann sich an nichts erinnern – auch nicht daran, dass sie ein altes Farmhaus in Brand gesetzt haben soll. In der abgeschieden im ländlichen amerikanischen Nordwesten gelegenen Anstalt versucht Dr. Stringer (Jared Harris) in einem speziellen Programm, Kristens psychische Barriere zu durchdringen, ihr, wie auch vier jungen Mitpatientinnen, zu helfen.
Doch Kristens mentaler Zustand scheint sich nur zu verschlechtern. Nachts, in den düsteren Gängen der vermeintlich sicheren Zuflucht, glaubt Kristen eine Erscheinung wahrzunehmen. Ein Phantom, das sie keine Ruhe finden lässt, in den Augen des Klinikpersonals aber nur in ihrer Einbildung existiert. Verzweifelt versucht Kristen, Erklärungen für das gespenstische Phänomen zu finden. Was sie entdeckt, lässt ihr das Blut in den Adern gefrieren. Um sich und andere retten zu können, bleibt nur die Flucht. Denn in der Klinik geht der Tod um und sorgt dafür, dass niemand sie je lebend verlässt…
Auf die Frage, welche Todesszene Carpenter in "The Ward" am besten findet, antwortet der alternde Regisseur leicht verwundert: "Das kann ich so nicht sagen. Man muss die Tode für den Zuschauer krass darstellen." Damit liegt er wohl richtig, ist das heutige Publikum in Sachen Blutvergießen durch Torture-Filme wie "Saw" oder blutige Reihe vom Schlage eines "Final Destination" weitestgehend abgehärtet. So werden auch die "krassen Tode" bei "The Ward" eingefleischte Genrefreunde zu keinem Zeitpunkt hinterm Ofen hervorlocken. Letztlich sollte man den Film aber auf diese auch nicht reduzieren, bietet sich dem Zuschauer vielmehr ein atmosphärisch kalt gehaltener, altmodischer Psycho-Thriller. Der an die frühen Horrorwerke erinnernde Soundtrack verstärkt diese Empfindungen, ergänzt sich mit den Bildern hervorragend.
Amber Heard als Zugpferd an Bord zu haben, dürfte für Carpenter ein Glücksfall gewesen sein. Die hübsche Blondine meistert die ihr anvertraute Aufgabe, gibt sich als taffes und unnahbares Teeniegirl. Erfahrung im Genre konnte sie bereits bei "All the Boys love Mandy Lane" oder "Drive Angry" sammeln. Ähnlich wie Kollegin Danielle Panabaker (spielt Sarah), die sich im Horrorgenre sichtlich wohl fühlt. Die Mädchen durch die alten, unheimlichen Gänge der Psychiatrie zu hetzen, hält das Tempo hoch – trotz einiger unvermeidbarer Längen. Diese kommen meist mit den Gesprächen zwischen den Opfern in der Klinik auf. Fesselnd und spannend ist das Erzählte nicht, dafür ist es einfach zu altbacken. Im Zeitalter eines "Halloween", gerne auch ein paar Jahre später, wäre das Szenario möglicherweise furios für das Publikum gewesen. Heutzutage verpufft ein solide inszenierter Gruselthriller in den Weiten der großen Blockbuster. Carpenter versteift sich bei seiner Visualisierung zu sehr auf die Wirkung von düsteren Fluren, flackernden Lichtern und einen Geist, der gefühlte 30 Jahre zu spät das Licht der Leinwand erblickt.
Die Darstellung des Grauens fällt, und das ist lobenswert, größtenteils auf handgemachte Make Up-Effekte zurück. Doch unglücklicherweise lädt die Kreatur, die Kristen und ihren Gefährtinnen den Aufenthalt zur Hölle macht, weder zum Fürchten noch zum Gruseln ein. Hier ist es mit der Liebe zum Altmodischen zwar gut gemeint, jedoch kaum wirkungsvoll eingesetzt. Noch hinzu gesellen sich die stereotypischen Charaktere einer stets böse dreinschauenden Krankenschwester, eines brutalen unbarmherzigen Helfers und eines zwielichtigen Chefarztes. Das ist für heutige Verhältnisse zu wenig, selbst wenn der Regisseur John Carpenter heißt.
Was ein gutes Skript für ihn ausmacht, wird Carpenter im Interview auf der DVD gefragt. "Es muss Tiefe haben", so die Antwort. Der Hauptgrund für die Verfilmung des Stoffes der beiden Autoren Michael und Shawn Rasmussen ("Long Distance") kann das kaum gewesen sein. Zu unspektakulär ist die Geschichte, die mit ein wenig Aufmerksamkeit recht schnell durchschaut werden kann. Das Finale resultiert dann folgerichtig, allerdings unbefriedigend in jeder Hinsicht. Die Idee, einen klassischen Geister-Thriller im altmodischen Gewand mit frischen Darstellern zu inszenieren, gelingt der Regieikone so leider nur bedingt.
>> verfasst von Janosch Leuffen