Moviebase 7eventy 5ive
„… der Film greift bis heute ungeklärte Morde in den Rockies auf. Und das tut er erschreckend realistisch …“. So das Pressezitat auf der Rückseite der DVD-Hülle, den „Rocky Mountain News“ entnommen. Nein, der Leser täuscht sich nicht. Hier wurde wieder einmal ganz verzweifelt nach einer möglichst positiven Bewertung gesucht. Leider mit allem Recht, denn der von Brian Hooks („Austin Powers 2“) und Deon Taylor inszenierte „7EVENTY 5IVE“ gehört zu den dümmsten Slashern nicht nur des Jahres, sondern der Geschichtes dieses Genres bis heute.
Ein paar Kinder spielen „75“, ein Spiel, in dem man irgendeine Telefonnummer wählt und den ahnungslosen Gesprächspartner mindestens 75 Sekunden lang am Hörer halten muß. Ganz gleich, welche Geschichte man sich ausdenkt – wenn am anderen Ende der Leitung gelacht wird, weil der
Streich zu unglaubwürdig präsentiert wurde oder vor Ablauf der Frist aufgelegt wird, hat der Anrufer verloren. Nur dumm, daß die Kinder an einen Psychopathen geraten, der daraufhin die einige Zimmer weiter stattfindende Party der Eltern mit einer Axt empfindlich stört. Der emittelnde Cop (Rutger Hauer) fischt zunächst im Trüben.
Zehn Jahre später.
Die überlebenden Kinder gehen mittlerweile auf´s College und planen für den Abend eines herrlichen Sommertages eine Party. Steigen soll das feuchtfröhliche Vergnügen, das von Dialogen durchsabbelt wird, wie sie für die Post-Sex And the City-Moderne typisch sind (es wird also keine Gelegenheit zur Absonderung irgendeiner sexuellen Anspielung aus dem Clevernessportionierer für tagesthematisch Aufgeschreckte ausgelassen) sowie begleitet von Rapslang-Extremcoolness-Spruchkampfsport, wie er heute wohl zum guten Ton der Popkultur gehört, im Haus eines Fernsehproduzenten, der hier eine Reality-TV-Show plant. Was die zahlreichen Kameras erklären soll, die über die Räumlichkeiten verteilt sind, woraus man ebenfalls einiges an Ideen hätte zaubern können, was aber auch versäumt wurde. Im Laufe der Party wird natürlich „75“ gespielt – mit vorhersehbarem Ergebnis. Man gerät an den immer noch in Amt und Menschenunwürden stehenden Schlachtermeister. Da es einige Tage zuvor wieder Axtmorde gegeben hat, wärmt ein sichtlich desinteressierter Rutger Hauer den weit zurückliegenden Fall noch einmal auf, da er eine Verbindung zu den aktuellen Verbrechen vermutet …
Hört sich schon der Storyablauf nach gewohnter, durch jahrelanges Auskochen weitestgehend nährstoffbefreiter Kost an, so hat auch die Inszenierung leider nicht einen einzigen originellen Einfall zu bieten, sondern betet stur die Formelsammlung des Teenie-Softporn-Slashers hinunter, inklusive der obligatorischen Kopulationsszenchen und Darstellerposen wie aus einer Telefonsex-Werbung - warum man den jungen Damen nicht gleich Sätze in den Mund gelegt hat wie „Ruf mich an !“, bleibt schleierhaft – einiger möglichst blutiger Morde für den Pawlow´schen Zuschaueranteil sowie vieler grober Anschlussfehler und Timingpatzer, die in dieser Schwere ganz einfach nicht passieren dürfen.
Da wird gleich zu Beginn eine wichtige Figur eingeführt (der von Rutger Hauer dargestellte Detective Criton), nur um dann für sehr lange Zeit völlig zu verschwinden, mit keinerlei spannendem Subplot oder wenigstens einem kurzen Hinweis auf seine laufenden Ermittlungen bedacht zu werden – wodurch sein späteres Auftauchen nicht nur unglaubwürdig, sondern schon unfreiwillig komisch wirkt.
Die Party verströmt den Charme eines Popstar-Castings , dessen Organisatoren zu oft „Scream“ geschaut und den Titel auch noch mißverstanden haben. Schon im ersten Drittel des Filmes wird ja klar, womit man hier zu kämpfen hat. Spätestens, wenn irgendeine der Darstellerinnen zum vierten Mal laut loskreischt, weil – huch, ganz überraschend und begleitet von albernen Soundeffekten – jemand „plötzlich“ im Bild auftaucht, sei es ein Tankwart, der hinter einer Theke hochschnellt oder ein Streifenpolizist, der hoppladihopp an´s Fenster des Wagens gebeamt wird, der die Gruppe zur Villa bringen soll, wird´s doof.
Der axtschwingende Irre ist ein Hühne, sehr kräftig und hat keinerlei Mühe, eine Leiche im Pool innerhalb weniger Augenblicke verschwinden zu lassen oder einen nicht gerade schmächtigen jungen Kerl an der Gurgel in die Lüfte zu befördern – soll aber dann größte Probleme haben, eine Axt, die ihr Ziel verfehlt hat und nun in einer dünnen Holzvertäfelung steckt, einfach herauszuziehen. Stattdessen kämpft er unter Ächzen und Schnaufen eine halbe Ewigkeit mit dem weichen Material. Keine Ahnung, ob das an plötzlichem Kräfteschwund lag oder daran, daß die Frühstücksration Choco Pops ihren Kick verloren hat. Vielleich liegt der Grund dafür auch einfach nur in lausigem Scriptwriting.
In der Küche schreit eine junge Frau minutenlang um ihr Leben – so laut, daß man es bis ins Dachgeschoß gehört hätte – die anderen aber bekommen, gerade mal ein Stockwerk höher, nicht das Geringste davon mit. Obwohl statt dezibelstarker Musik, die ja zumindest etwas plausibler gewesen wäre, nur hauchzarte Liebesbeschwörungen sowie Seufzen, Stöhnen und Giggeln weit unter Zimmerlautstärke zu vernehmen sind. Kurze Zeit später aber hört einer der jungen Männer aus beeindruckender Entfernung ein Geräusch, das sich neben eben erwähntem Gekreische ausnimmt wie Blähungen einer Feldmaus. Wir trösten uns mit der Erklärung, daß es sich bestimmt um McGuyvers Sohn gehandelt hat.
Diverse andere Logiklöcher und überkonstruierte Hinweise, welche die Story in Gang halten sollen, tragen stattdessen nur dazu bei, sämtliche Spannungskeime abzutöten und einer Geschichte, die schon lange vor ihrem Ende (das auf eine so rechenschieberhaft kaltblütige, sumpfdumme Art auf ein Sequel schielt) den Geist aufgegeben hat, den finalen Hirntodesstoß zu versetzen.
>> verfasst von Axel Krauss