Moviebase Breaking Dawn - Biss zum Ende der Nacht (Teil 1)
Die "Twilight"-Saga um Bleichgesicht Edward Cullen und seine Angebetete Bella Swan darf wohl zweifelsohne als Phänomen bezeichnet werden. Was damals schon "Harry Potter" bei den Fans auslöste, setzten die "Twilight"-Filme nach den Bestsellern von Stephenie Meyer nahtlos fort. Das Ergebnis dürfte jedem bekannt sein: Robert Pattinson wurde über Nacht zum Teenie-Schwarm, Kristen Stewart ebenso berühmt wie Taylor Lautners Oberkörper. Eine Parodie mit Hau Drauf-Humor und dem selten dämlichen Titel "Beilight" bekam das Franchise auch noch spendiert – und nun steht mit dem finalen Zweiteiler das Ende der Reihe bevor. Da das letzte Buch "Biss zum Ende der Nacht" mit seinen 750 Seiten für nur einen Film wohl zu viel gewesen wäre, entschieden sich die Macher für zwei Abschlussfilme. Ob dabei tatsächlich der Umfang des Buches und nicht das doppelte Klingeln der Kinokassen Grund für einen Zweiteiler waren, darf zu Recht bezweifelt werden. Hätte Regisseur Bill Condon die langatmigen Sequenzen herausgeschnitten und die einigermaßen sehenswerten Szenen übrig gelassen, wäre nach diesem Film Schluss gewesen.
Wenn man vom dem getötet wird, den man liebt, hat man keine Wahl. Wie kann man fliehen, wie kämpfen, wenn man damit dem Geliebten wehtun würde? Wenn das eigene Leben das Einzige ist, was man dem Geliebten geben kann, wie kann man es ihm dann verweigern? Wenn es jemand ist, den man wirklich liebt? Ein Jahr voller Glück, aber auch voller Schmerz liegt hinter Bella. Ein Jahr, in dem sie fast zerbrochen wäre, weil ihre Leidenschaft für Edward und ihre innige Freundschaft zu Jakob einfach unvereinbar sind. Aber nun ist ihre Entscheidung gefallen. Unwiderruflich, auch wenn es so aussieht, als setze sie eine Entwicklung in Gang, die möglicherweise verheerend für sie alle ist. Noch hofft Bella, die verschieden Fäden ihres Leben wieder zusammenführen zu können, da droht alles für immer zerstört zu werden ...
Fünf Filme, vier Regisseure, jeder mit seiner eigenen Note. Während der letzte Twilight-Film von David Slade eher düster ausfiel, lässt es Condon nun romantischer angehen. Nein, nicht nur romantisch, sondern kitschig. Mit schwülstiger Musik überladene Bilder brennen sich in den Kopf des Zuschauers, schließlich soll er sich der anstehenden Hochzeit und dem neuen Pärchenglück nicht entziehen. Leichter gesagt als getan. Während Lautner als Werwolf Jacob bereits in der ersten Minute das macht, wofür er von Mädchen geliebt und von allen anderen gehasst wird, zelebriert Regisseur Condon die vermeintliche "Jahrhunderthochzeit" von Bella und Edward so lahm und unromantisch, dass selbst eine Folge von Linda de Mols Traumhochzeit für mehr Emotionen sorgt. Die Geschichte lenkt die Aufmerksamkeit weniger auf das Ereignis der Vermählung an sich, vielmehr ist es das Empfinden der Charaktere im Vorfeld dieser. Es wird viel diskutiert, verzweifelt nachgedacht, geweint. Einige Fans dürften angesichts der fehlenden Romantik arg enttäuscht sein. Laut Stewart sei bei der Szene sogar ein echter Pfarrer dabei gewesen, die Ehe sei also rechtskräftig. Gerne würden wir das glauben. Allerdings haben wir den Pfarrer nicht gefunden. Warum aber verzichtet Condon auf einen wahrhaftig emotionalen Moment, wenn doch Zeit genug ist?
Es folgt eine Hochzeitsparty mit ihren altbewährten Hochzeitsreden. Dort lässt sich dann auch Jacob blicken und sorgt für den ersten unruhigen Moment. Der ist allerdings schnell aus der Welt geschafft. Somit ist die Bahn frei für die Fahrt in der Hochzeitslimousine eines schwedischen Autoherstellers und die Ankunft in Brasilien. Eine fremde Kultur im Leben von Bedward, die man ebenfalls schnell hinter sich lässt. Aber es gibt Wichtigeres. Schließlich sind wir nur wach geblieben, um das zu bekommen, was wir schon seit dem ersten Film sehen möchten: das unvermeidliche Techtelmechtel zwischen Vampir und Mensch. Nach dem Motto "Flitterwochen im Bett" läuft es dann aber doch nicht ab. Wieder quält uns Condon mit musiküberbordeten Schnulzenszenen und einem verzweifelt dreinschauenden Edward, bis es zum ersten Mal ins Bett geht. Und da gilt das Gleiche wie schon bei der Hochzeit: schnell muss es gehen. Nach knapp zwanzig Sekunden ist der sprichtwörtliche Höhepunkt erreicht. Zeit genug für Edward, um das gesamte Bett in Einzelteile zu zerlegen.
Doch der eigentliche Schwerpunkt liegt auf dem Geschehen am Tag danach. Dass es eine etwas heftigere Nacht gewesen sein muss, darauf lässt der Zustand des Zimmers schließen. Jene Twilight-Fans, die sich etwas mehr nackte Haut gewünscht hätten, dürfen für kurze Momente mit Bella in Erinnerungen schwelgen und die Nacht Revue passieren lassen. Dass diese ein durchschlagender Erfolg war, merkt Bella bereits hier, denn mit ihrem Bauch stimmt etwas nicht. Verhütung kam dem etwas anderen Liebespaar dabei ganz offensichtlich nicht in den Sinn. Aber warum auch: Edward ist Vampir und längst tot. Befruchtung geht da doch gar nicht. Weit gefehlt, denn in Bella wächst etwas heran. Leser der Bücher wissen, dass dies nichts Gutes heißen kann. Spannend wird es dennoch nach wie vor nicht. Mitunter könnte der Zuschauer sogar Gefahr laufen und annehmen, er befinde sich in einem herkömmlichen Liebesmelodram. Dass es sich hierbei aber tatsächlich um das "große Finale" von "Twilight" handelt, möchten wir dato nicht so recht glauben.
Bis zur Geburt des Babys wirkt die vergangene Laufzeit wie ein einzig retardierendes Moment. Schließlich nimmt der Film aber eine Wendung. Es wird sogar recht blutig. Wer hätte das zu Beginn gedacht? Selbstverständlich geht es – der Jugend zuliebe – weitaus gesitteter zu als in der Buchvorlage von Meyer angedeutet. Edwards und Jacobs innerer Zwist mit den Gefühlen spitzt sich immer mehr zu - sogar so weit, dass sich Jacob von seinem Rudel distanziert. Bella, übrigens immer noch kein Vampir, liegt im Sterben. Edward will Bella, nicht das Kind, sie aber würde lieber sterben, als ihr Kind zu töten. Es wird dramatisch, ja, sogar ein klein wenig spannend. CGI-Effekte von sich regenerierenden Körperzellen und eine kleine Rückblende auf die ersten Twilight-Filme kommen zum Einsatz. Für Nicht-Kenner der Bücher das erste Mal ein Grund, dem Gezeigten zu folgen – und gleichzeitig die Gewissheit, dass mit dieser Szene voller Action, Drama und Kitsch ein baldiges Ende naht.
Einen wirkungsvollen Cliffhanger bieten Regisseur Condon und Drehbuchautorin Melissa Rosenberg dem Zuschauer nicht. Angeraten sei jedoch, nach Einsetzen des Abspanns nicht voreilig den Kinosaal zu verlassen. Wird "Biss zum Ende der Nacht – Teil 2" ein ähnlich fades und langatmiges Unterfangen, dürften Freunde der Romane und ersten Filme mit hängenden Minen aus dem Kinosaal schreiten, denn ein echter Paukenschlag fehlt. Es stellt sich dazu noch die Frage, wie Condon den parallel gedrehten zweiten Abschlussfilm inhaltlich füllt. Ob der Schutz Bellas Familie vor den wütenden Werwölfen dafür ausreicht, wird sich im nächsten Jahr zeigen. Trotz der Unsterblichkeit von Bella und Edward: Twilight ist blutleer. Twilight ist tot.
>> geschrieben von Janosch Leuffen