Moviebase World War Z
Filmadaptionen wird in den meisten Fällen nachgesagt, nicht an die Romanvorlage heranzukommen. Das mag unter anderem damit zusammenhängen, dass jeder Leser in seinem Kopf eine ganz individuelle Welt kreiert, während bei einer Verfilmung der Regisseur seine Vision inszeniert. Erwartungsgemäß unzufrieden fielen demnach auch die Reaktionen aus, als die ersten bewegten Bilder zu „World War Z“ veröffentlicht wurden.
Fans des Romans von Max Brooks kritisierten, dass dies nichts mehr mit dem Buch gemeinsam habe. Und auch der Autor selbst erklärte, dass in Marc Forsters Regiearbeit außer dem gleichen Titel nicht mehr viel an seine Ursprungsidee erinnere. Dazu erhielt die Produktion durch die Verpflichtung von drei Drehbuchschreibern und unüblich langen Nachdrehs negative Schlagzeilen. Außerdem wurde der Film mit einem PG-13-Rating versehen, was in etwa einer FSK-12-Einstufung in Deutschland entspricht. Ein Zombiefilm für Jugendliche – ein Widerspruch in sich? Die Antwort lautet: Nein. Denn Marc Forster liefert mit seinem 170-Millionen-Dollar-Projekt einen actionreichen und kurzweiligen Weltuntergang.
Die Bedrohung kommt aus dem Nichts und scheint unaufhaltbar. Innerhalb kürzester Zeit breitet sich eine unerklärliche Pandemie über den gesamten Globus aus und fordert unzählige Menschenleben. Ganze Staaten versinken im Chaos, eine Welt im Ausnahmezustand befindet sich am Rande der vollständigen Zerstörung. Es gibt keine Vorwarnung, es gibt kein Gegenmittel – aber es gibt einen Mann, Gerry Lane (Brad Pitt), der sich der Bedrohung entgegenstellt und die Erdbevölkerung vereint in den Krieg gegen den unsichtbaren Feind führt. Der Kampf ums Überleben steht bevor.
Ein Unterschied zum Roman besteht in der Erzählweise der Apokalypse. Während im Buch mehrere Augenzeugen vom nahenden Weltuntergang berichten, konzentriert sich die Verfilmung auf einen Hauptcharakter. Der wird in diesem Fall von Superstar Brad Pitt verkörpert, der mit langer Mähne als Ermittlungsbeamter der Vereinten Nationen im Ruhestand die Menschheit vor der globalen Katastrophe retten will. Doch von einem typischen Helden agiert Pitt weit entfernt. Er steht mit anderen nicht Infizierten auf einer Stufe und kann es nur mit ihnen zusammen schaffen, gegen die Horde hungriger Untoter anzukommen. Hier wird Forsters Intention, einem humanistischen Ansatz nachzugehen, durchaus spürbar, auch wenn die Familie der Hauptfigur lediglich für oberflächliche Emotionen sorgt.
Dass der Regisseur, der unter anderem schon bei „James Bond 007 – Ein Quantum Trost“ und „Monster’s Ball“ die inszenatorische Leitung übernahm, nicht zu Unrecht bereits für den BAFTA und Golden Globe nominiert war, beweist er gleich von Beginn an. Wo andere mit einer detaillierten Einführung der Protagonisten beginnen, lässt Forster das Chaos walten. Die aus den Trailern bekannte Autoszene, in der in Sekundenschnelle die totale Panik ausbricht, nutzt der Filmemacher als rasanten Einstieg in die bevorstehende Schlacht. Ohne Vorwarnung befindet sich der Zuschauer mitten im Geschehen. Das Tempo und die bedrückende Grundstimmung werden bis zum wenig überraschenden Finale aufrecht erhalten, Langweile entsteht nie.
Das Szenario punktet aber noch mit einem weitaus wichtigeren Faktor, nämlich dem Übel selbst. Auch wenn sich die Zombies in Aussehen und sprachlicher Ausdrucksweise kaum von ihren Kollegen aus anderen Genrevertretern unterscheiden, bringen sie einige elementare Neuerungen mit sich. Sie rennen durch die Straßen und wirken erstaunlich organisiert, helfen sich gegenseitig und opfern sich für den anderen ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Wie eine Welle fegen die Infizierten alles weg, was sich ihnen in den Weg stellt. Mitunter ergeben sich so spektakuläre Bilder – trotz Verwendung von computergenerierten Effekten. Hier herrscht das ultimative Desaster, aus dem sich der Zuschauer dank dritter Dimension selber retten muss.
Für Hartgesottene dürfte der Blutpegel dann allerdings tatsächlich etwas zu niedrig ausfallen. Die Zombies machen zwar keine Scheu vor wilden Beißattacken und anderen schmerzhaften Methoden, rote Farbe ist dabei jedoch nie zu sehen. Auch eine Amputationsszene wird lediglich angedeutet. Dennoch funktioniert das Prozedere auch ohne Splattereinlagen gut. Nicht immer wurden die Verhaltensweisen der Untoten zu Ende gedacht. Angeblich fallen die Zähne aus, sobald man sich mit dem bis zum Schluss unbekannten Virus infiziert. Dafür macht die Meute allerdings sehr bissfest Jagd auf seine Opfer. Zudem fehlt eine plausible Begründung, weshalb die „Monster“ die Menschen angreifen und warum sie gerade bei Lärm sehr empfindlich reagieren. Hier hätte man sich, so ironisch das klingen mag, etwas mehr Charaktertiefe gewünscht.
Mit „World War Z“ gibt es in diesem Sommer wahrhaftig einen Zombie-Blockbuster im Kino zu sehen, der starke Impressionen an verschiedenen Schauplätzen und jede Menge energischer Action bietet, sich am Ende aber etwas zu sehr auf die übliche Hollywoodtour einlässt. Marc Forster schafft es trotzdem, eine aus dem Horrorgenre nicht mehr wegzudenkende Spezies massentauglich zu machen – und lässt den vorauseilenden negativen Ruf schnell vergessen.
>> verfasst von Janosch Leuffen