Moviebase Five Fingers
Laurence Fishburne, bekannt aus dem Genrefilm „Event Horizon“ und als ultracooler Morpheus im Wachowski-Kracher „Matrix“. Ryan Philippe, Mädchenschwarm und Darsteller des Liebesdramas „Eiskalte Engel“und dem Teenie-Slasher „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Beide Schauspieler vereint in einem Thriller. Kann das möglich sein? Es kann. „Five Fingers“ zeigt das Duo im Zusammespiel – jedoch nicht auf der Leinwand. Ob der Streifen dennoch als Direct-to-DVD durchstartet und seine Fans findet, wird sich in der nächsten Zeit zeigen. Unbedingt sehenswert ist der Film leider nicht.
„Jede falsche Antwort kostet dich einen Finger“ – das ist die grausige Bedingung des Frage- und Antwort-Spiels, zu dem der junge Holländer Martijn (Ryan Philippe) gezwungen wird. Die Regeln stellt sein Kidnapper Ahmat (Laurence Fishburne) auf, der Martijn und seinen ortskundigen Führer Gavin (Colm Meaney) auf dem Weg zu einem Hilfsprojekt im marokkanischen Rif-Gebirge betäubt und verschleppt hat. Gavin wurde von Ahmat gleich nach der Ankunft in dem verlassenen Lagerhaus hingerichtet, Martijn dagegen sieht sich einem tagelangen, quälenden Verhör ausgesetzt. Wer ist er? Was will er in Marokko? Wie kommt ein kleiner Banker Jazz-Pianist an eine Million Dollar? Und wer sind seine Freunde? Doch Martijn ist stark und er hat etwas zu verbergen; etwas, für das der junge Pianist sogar die Finger seiner rechten Hand opfert – einen nach dem anderen…
Dass dieser Direct-to-DVD-Film einen solch namhaften Cast auffährt, ist bemerkenswert. Doch leider sieht derselbige im Film von Regisseur Laurence Malkin nicht ganz glücklich aus. Ryan Philippe, der hier das gefolterte Opfer mimt, wirkt oftmals viel zu überdreht. Einen jungen Pianisten möchte man dem Teenieschwarm auch nicht wirklich abkaufen, geschweige denn einen starken und taffen Kerl. Ob jemand wirklich noch zu derartigen Scherzen wie Ryan Philippes Rollencharakter aufgelegt ist, wenn man ihm binnen einiger Tage vier Finger abtrennt, wage ich zu bezweifeln. Doch dafür kann der junge Schauspieler nichts, höchstens die Drehbuchautoren, zu denen auch der Regisseur gehört. Laurence Fishburne stellt den bösen Araber dar. So richtig abnehmen mag man diese Rolle dem Star aus der „Matrix“-Trilogie und dem Horrorhit „Event Horizon“ auch nicht wirklich. Erst gegen Ende wird klar, dass Fishburne seinen Job doch recht passabel erledigte – in doppelter Hinsicht. Gina Torres und Colm Meaney sind zwar nur in den Nebenrollen besetzt, spielen aber nicht minder tragende Rollen, diese aber auch nur gewohnt durchschnittlich.
Auch die Geschichte ist an und für sich nicht übel. Ein junger Holländer wird in Marokko verschleppt und gefoltert. Empfinden die Peiniger eine Aussage des scheinbar Unschuldigen als Lüge, muss ein Finger dran glauben. Stück für Stück kommt so eine Wahrheit ans Licht, die erst fünf Minuten vor Schluss ein überraschendes und gelungenes Ende findet. Doch bis zu dieser 75. Minute gibt es ebend noch etwas, was sich in diesem Streifen breit macht: Langeweile. An dieser ist wohl auch die Regie von Malkin nicht ganz unschuldig, und auch der Schnitt hätte durchaus etwas treffender sein dürfen. Nahezu ohne Vorgeschichte, nur mit dem Wissen über eine Reise für ein Ernährungsprogramm zur Verbesserung der Lage in Afrika, reist der Zuschauer mit Ryan Philippe nach Marokko.
In Marokko gelandet wollte der Regisseur offensichtlich eine kurze Einführung des Landes einbringen, die allerdings viel zu kurz geraten ist. Kaum realisiert man als Betrachter das Bild eines arabischen Marktes, ist es auch schon wieder verschwunden. Eine schöne Wüstenlandschaft, doch keine Sekunde später wird diese schon wieder durch ein neues, schnell vorüberziehendes Bild ersetzt. So huschen die Eindrücke an einem vorüber, ehe man sie überhaupt verarbeitet hat. Aus der Hektik plumpst man dann jedoch direkt in eine relativ ruhige, ja fast schon zu schläfrige Kameraführung. Das Verhör wird somit leider nicht nur für das Opfer quälend, sondern auch für das Publikum vor dem Bildschirm. Sicher möchte man wissen, was denn in Marokko vorgefallen ist und wieso sich Martijn gefesselt auf einem Stuhl vorfindet. Doch das Ganze verliert sich in Dialogen, die kaum etwas Spannendes an sich haben. Zudem kommt nach jedem abgeschnittenen Finger eine Rückblende aus dem Leben Martijns und seiner Freundin am Strand von Holland, bei denen man noch etwas mehr Hintergrundwissen erhaschen kann. Dagegen kann das Ende als reinster Segen betrachtet werden. Traurigerweise kommt es viel zu kurz. Gnade zeigte man bei der Inszenierung des Finalaktes kaum, was dem Film recht gut tut. Wer vorher in der Richtung noch nichts ahnte, wird verblüfft und überrascht sein.
Technisch gesehen gibt die DVD kaum Grund zur Beschwerde. Das Bild ist klar und deutlich, der Sound eventuell ein wenig leise. Auch wem kein 5.1-Surround-System zur Verfügung steht, kann den Film in einer guten Tonqualität anschauen. Lediglich das Rauschen der Wellen am Strand von Holland kommt über Stereosound nicht von hinten, sondern von vorn. So ein Pech. Auch das Bonusmaterial lässt ein wenig zu wünschen übrig. Neben einer Featurette mit Interviews gibt es sonst nur Trailer und eine Slideshow zu bestaunen. Nett dagegen ist die Aufmachung des Covers. Eine äußerst verstümmelte Hand springt fast schon von der Verpackung entgegen. So blutig wie auf dem Cover wird es aber im Film selber nie.
Notstand im DVD-Regal und kein Geld für neue Eroberungen zur Hand? Dann kann „Five Fingers“ helfen, einen Abend mit der Leih-DVD zu verbringen. Ein Kauf lohnt sich trotz der ansprechenden Cover-Gestaltung leider nicht.
>> verfasst von Janosch Leuffen