Moviebase Dead Wood
Die bösen, bösen Wälder. Immer wieder geraten unbedarfte Camper, Reisende oder Wanderer in die Fänge des Waldes. Dabei stellt der unverwüstliche Landstrich schon fast ein Untergenre des Horrors dar, so vielfältig und oft bewegen sich Filmemacher in dieser Region. Doch was ist es, das diesen Landstrich zu etwas Besonderen macht? Etwas böses und beängstigendes lauert in ihm. Ist das der Grund, weshalb die Wikinger Island wegen ihres heidnischen Aberglaubens schon vor Hunderten von Jahren von der kompletten Blätterpracht befreiten? Derart tiefgründig geht es in Dead Wood, einem englischen Ableger des Genres, zwar nicht zu, doch gruselig wird es allemal. Gleich drei britische Regisseure wagten sich an das beliebte Thema und präsentieren dabei gleichzeitig ihren preisgünstig produzierten Einstieg in das Filmgeschäft.
Die Geschichte ist ebenso schnell erzählt wie klischeebeladen. Arbeit, Freizeitmöglichkeiten, Freunde - diese Faktoren ziehen Menschen in die Stadt, in eine Großstadt wie London zum Beispiel. Um dem alltäglichen Stress zu entfliehen, schließlich bietet England keine Badebuchten, sonniges Wetter oder Strandschönheiten, prädestiniert sich der Wald mit seinen üppigen Ausmaßen als Ort für ein paar Tage Urlaub und Entspannung. Jess, Larri, Webb und Milk denken genauso, als sie sich vollbeladen auf den Weg ins Ungewisse machen. Viele Dosen Bier, ein wenig zu essen und warme Schlafsäcke sollten genügen, um die Nacht im Dickicht zu überstehen. Erst angekommen, artet das spaßige Treiben schnell zu etwas Lebensbedrohlichem aus. Nach einer durchzechten Nacht treffen sie am morgendlichen Lagerfeuer auf eine Frau, die ihren vermissten Freund sucht. Purer Zufall?
Kein Zufall. Bei unseren vier Wegbegleitern handelt es sich um Vertreter des typischen Engländers, die sich ironischerweise ausgerechnet mit einem alten VW-Bus auf die weite Reise begeben. David Bryant, Sebastian Smith und Richard Stiles, die neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich zeichneten, gehen die Thematik erfrischend ruhig und entspannt an. Im Mittelpunkt steht die Idylle Englands, die sich in lauschigen Bächen, lebensfrohen Tieren und einem beeindruckenden Waldpanorama niederschlägt. So bleibt auch Zeit, die Charaktere einzugliedern und ein wenig Mühe darauf zu verwenden, deren Ableben unerträglich zu gestalten. Eine Tugend, die heutzutage leider verloren scheint und gewiss nicht oft zu erblicken ist, wenn Horrorfilm auf der Tagesordnung steht.
Ein wenig tricksen musste das Trio wohl schon. Wie sonst lässt es sich erklären, dass unsere partyhungrige Meute an schnee- und kältebedeckten Berghängen rasten, die im bekanntlich mehr als flachbrüstig veranlagten Süden Englands eher wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen scheinen. Egal, schließlich ist just in diesem Moment ein Reh vor die Stoßstange des deutschen Fabrikats gehechtet und wartet folglich auf den letzten Gnadenstoß, begleitet von herzallerliebsten Lauten. Unverkennbar: ein Horrorfilm. DEAD WOOD lässt sich dabei ganz gezielt als Querschnitt aus The Blair Witch Project und Wrong Turn deklarieren und macht auch keinen Hehl daraus, die besten Elemente von großen Vorbildern stibitzt zu haben. Ersteres Beispiel soll im späteren Verlauf ein beträchtliches Übermaß annehmen.
Es bleibt dabei witzig und spannend, begleitet von knackenden Geräuschen im Unterholz, bis das Böse sich die Mühe macht, das Zelt zum Wackeln zu bringen. Quatsch. Das Zelt bleibt an Ort und Stelle. Doch DEAD WOOD wartet tatsächlich mit Nachtsicht, Handkamera und hysterischem Geschrei der holden Weiblichkeit auf, lässt dabei jedoch leider die Authentizität des Klassikers in Sachen Wald-und-Wiesen-Horror vermissen. So schusseln sich in der unangenehmen Verfolgungsjagd leider auch die ersten Logikfehler und Ungereimtheiten ein, die sich gen Ende zu einem unüberbrückbaren Haufen stapeln. Die Darsteller, auch wenn ihnen die Unsicherheit klar ins Gesicht geschrieben ist, spielen ihre Rollen durchweg sympathisch und umschiffen die größten Fettnäpfchen mit Bravour.
DEAD WOOD bleibt stringent unterhaltsam. Dabei geizt die Produktion erfreulicherweise vor allem mit blutigen Tatsachen, die in der heutigen Zeit leider zum guten, jedoch nicht immer notwendigen Ton gehören. Wer die Fragezeichen des durch und durch undurchschaubaren Finales wohlbehalten überwunden hat, sieht rückblickend auf fünfundachtzig gruselige Minuten, die durch Effekte glänzen, die man einem derart budgetfixierten Stück Zelluloid gar nicht zugetraut hätte. Wenn es mal wieder Äste sein sollen, die dank raschelnder Beschaffenheit zur Angst anregen, dürfte das Interesse in diesem Fall sicher sein. Es wird nicht das letzte Mal bleiben, dass wir etwas von dem jungen Gespann von der Insel hören.
>> verfasst von Torsten Schrader