Zucker oder Salz?
< Oh du bittersüße Parodie! Niemand ist vor dir sicher. Wenn Robin Hood den Pöbel dazu auffordert, ihm "seine Ohren zu leihen", denkt kein Mensch mehr an die heldenhaften Taten Kevin Costners in den Wäldern von Nottingham - zunächst mal denkt man an Strumpfhosen. Und ist es wirklich "the force", die mit uns ist, oder doch eher "the schwartz"? Und warte, wer war nochmal dieser weltberühmte Dracula-Darsteller? Hieß der Bela Lugosi? Oder doch eher Leslie Nielsen? Ihr seht also, die Parodie gehört zum ordentlichen Hollywoodstreifen wie heutzutage das Ami-Remake zum Asia-Horror. Im Jahr 2000 zogen drei Brüder die damals hochaktuelle Welle des Teenie-Slasher-Revivals ordentlich durch den Kakao. "Scary Movie", Wes Cravens ehemaliger Arbeitstitel für "Scream", so nannte sich der stupide, aber abgrundtief witzige Spoof - und wurde prompt zum Überraschungserfolg. Wer konnte denn auch ahnen, dass 2006, nur wenige Jahre später, der Welt bereits Teil vier der Trilogie (Witz!) ins Haus steht. Wie euch wahrscheinlich bekannt ist, hat nach dem grottenschlechten zweiten Teil Keenen Ivory Wayans den Regiestuhl an Altmeister David Zucker abgegeben. Und mit dem frisch altbackenem Regisseur wehte ein neuer Wind durchs Scary-Tal, denn mit Teil drei machte der Humor eine 90° Wendung. Es wurden nicht mehr nur ausschließlich Horrorstreifen persifliert und der Humor wurde "gezuckert" und ging in Richtung Klassiker wie "Hot Shots" oder "Die Nackte Kanone". Mit "Scary Movie 4" macht Zucker noch eine weitere 90° Wende und nimmt alles aufs Korn, dass die Menschheit in den letzten Monaten beschäftigt hat (ja, man wundert sich direkt wie blitzschnell hier ge- und verarbeitet wurde).
Aber gehen wir mal ans Eingemachte...
Natürlich und gottseidank kehrt mit Teil vier der Reihe der wohl eindimensionalste Charakter wieder, den die Leinwände der Welt jemals gesehen haben: Anna Faris, alias Cindy Campbell, hat seit ihren Anfängen ganz schöne Entwicklungen vollzogen. Vom unscheinbaren High-School-Dummie über die ambitionierte College-Studentin bis hin zur Fernsehreporterin. Nun ist sie sozial aktiv geworden und übernimmt den Part einer Pflegerin, die sich um eine alte Dame in einem verfluchten Haus kümmert (Mrs. Gellar lässt grüßen...). Ihr Nachbar, Tom Ryan (gespielt von Craig Bierko), übernimmt die Rolle des Tom Cruise in "Krieg der Welten" (und mehr). Das sich die beiden ineinander verlieben und die Sache nicht gut gehen kann, dürfte wohl jedem klar sein. Doch Moment, war Cindy am Ende von Teil drei nicht glücklich liiert und hatte einen Sohn? Und irgendwas hatte es doch noch mit Schwiegervater Charlie Sheen auf sich... Keine Panik, die altbekannten Figuren sind wieder mit dabei - wenn auch nur kurz. Und zwar in Szenen in denen erklärt wird, weshalb genau sie NICHT mehr dabei sind. Eine Ausnahme gibt es natürlich wie immer, denn Cindys ewig treue Wegbegleiterin Brenda (Regina Hall) steht, wie jedes mal, von den Toten auf und ist wieder quicklebendig. Zusammen versuchen unsere Helden die Welt vor den Aliens zu retten, die natürlich nichts besseres zu tun haben als unseren geliebten Planeten Erde platt zu machen. Die Lösung steckt im Fluch des Hauses, der Cindy und Brenda tief in ein altes Dorf in den Wäldern führt ("The Village" lässt grüßen). Unglücklicherweise machen sadistische Psychospielchen von und mit anzugtragenden Puppen (achja, "Saw") ihnen die Sache nicht gerade leichter. Soviel zum Thema "Scary". Die restlichen Filme die aufs Korn genommen werden, von "Million Dollar Baby" bis hin zu "Brokeback Mountain" haben reichlich wenig mit Horror zu tun. Allerdings muss ich zugeben, dass sie auf eine gewisse Art und Weise die Pointe mindestens genausogut treffen wie die Horror-Spoofs. Wo wir beim Thema wären:
Der Punkt an welchem Kritik ausgeübt wird:
Soll "Scary Movie 4" uns zum lachen bringen? Ganz klar ja. Bringt er uns zum lachen? Ja, aber nicht ganz klar. Hier bewegt man sich etwas im Zwispalt. Die Rezeption dieses Filmes wird nämlich zweierlei sein, ganz abhängig vom Publikum. Das Laienpublikum, vorwiegend jüngere Kinogeher, wird sich über die offensichtlich stupiden Blödelwitze amüsieren. Sollte es den einen oder anderen Originalfilm gesehen haben, würde dies weitere Pluspunkte einbringen. Dann gibt es Publikumsart Nummer zwei, welche sich mit der Materie des Filmes und dem politisch-gesellschaftlichen Leben von heute beschäftigt. "Scary Movie 4" strotzt nämlich hinter der Fassade nur so mit Insiderwitzen und Gastauftritten. Man trifft alte Gesichter, neue Gesichter, bekannte Gesichter, lustige Gesichter. Da scheut man sich nicht davor zurück Witze auf Kosten von Tom Cruise, George Bush oder sonstigen Persönlichkeiten des öffentlichen (zumeist amerikanischen) Lebens zu machen.
Wie auch schon bei den drei Vorgängerteilen findet die ganze Blödelei an originalgetreuen Schauplätzen statt, die eigentlich den größten Witz an der Sache ausmachen. Sobald man nämlich Cowboys, ein Zelt und Gitarrenklänge hört, fühlt man sich sofort wie auf den Brokeback Mountain versetzt. Diese retten gottseidank einige der Gags, denn leider muss ich zugeben: nicht alles was David Zucker anfasst, wird zu Gold. "Scary Movie 4" würde ich nämlich eher als leicht schmutziges Silber bezeichnen. Viele der Gags sind einfach so hirn- und witzlos, das wirklich nur Unter-13jährige darüber lachen können. Besonders auf die ersten Minuten des Filmes, der Saw-Parodie mit Shaquille O'Neal und Dr. Phil und dem Ableben einer bekannten Figur aus dem früheren Teil, trifft diese Aussage zu. Vom Anfang soll man sich aber nicht (ent)täuschen lassen, denn während des restlichen Filmes warten sehr wohl der eine oder andere Brüller, auch wenn man bereits weiß welche Art von Humor einen erwartet. Wem also "Scary Movie 3" gefallen hat, der wird mit Teil vier sicher seinen Spass haben. Zeigt man jedoch nur Interesse für Comedy und möchte sich, ohne zu wissen was einen erwartet, "Scary Movie 4" angucken um einen lustigen Abend zu haben, so besteht große Gefahr das dieser Abend gewaltig in die Hose geht. Ein solider Film, aber einfach nicht mehr der große, innovative Knaller wie damals Teil eins. Pluspunkt sind die teilweise vorkommenden guten Gags und Ideen, die Story zu verknüpfen und natürlich die bereits mehr als liebgewonnenen Schauspieler, allen voran Anna Faris.
Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass die Kritik auf der Originalversion von "Scary Movie 4", also mit englischem Ton, beruht. Es ist ja bekannt das besonders bei Teilen dieser Reihe deutsche Synchronisationen einiges an Witz zunichte gemacht haben. Eine Ergänzung der Kritik zur deutschen Synchronisation folgt hoffentlich in Kürze.
>> geschrieben von Dominic Stetschnig