Moviebase BloodRayne
Mit großen Lettern brannte sich der Name eines Mannes bereits im Trailer in die tränenden Augen des Betrachters. Tränend, weil die vorigen Werke dieses Regisseur bei vielen Filmfans noch gut im Gedächtnis verankert waren. Vom deutschen Wunderkind war einst die Rede, mit einem Wunschtraum, Hollywood nach Deutschland und Deutschland nach Hollywood zu holen. In einem beispiellosen Akt zerplatzte diese riesige Seifenblase bereits vor Jahren im Zuge der Veröffentlichungen sogenannter „Games to Movie“, Verfilmungen wie „Alone in the Dark“ und „House of the Dead“, die sich als leere Worthülsen mit geringem Inhalt entpuppten, allein durch den massiven Anteil von künstlichem Blut bestachen und in Sachen Technik ansatzweise gegen die Konkurrenz antreten konnten. Dem Deutschen Uwe Boll ist es dann auch zu verdanken, mit „BloodRayne“ eine weitere Verfilmung vom gleichen Schlage in die Masse geworfen zu haben.
Während Titel wie „House of the Dead“ und „Alone in the Dark“ vor einigen Jahren immerhin noch durchschnittlich in den amerikanischen Kinos anliefen, leistete sich Boll mit seinem Nachfolgewerk eine tiefe Bauchlandung, dessen Verluste allein auf den DVD-Markt umgewälzt werden mussten, um zwei Millionen Dollar, die „BloodRayne“ kläglich versagend beim US-Kinostart einnahm, in den grünen Bereich und damit die Gewinnspanne zu leiten. Weniger verwunderlich schien daher, die gleichnamige Verfilmung des Vampir-Slashers von Majesco Games direkt auf den deutschen Markt zu bringen, natürlich auf DVD. Beim Verleih griff B-Movie-Independent Splendid Film zu, die das erste Abenteuer über die Kampfamazone Rayne mit einem knappen Jahr Verspätung nun also auch in die hiesigen Regale stellten.
18. Jahrhundert: Vampire treiben im ganzen Land ihr Unwesen. Das Mädchen Rayne wird von einer Zirkustruppe festgehalten und als halb Mensch, halb Vampir vorgeführt. Eines Abends gelingt Rayne allerdings die Flucht aus ihrem Käfig und sie begibt sich auf eine gefährliche Mission. Ihr Ziel ist es, sich an ihrem Vater Kagan, dem mächtigsten aller Vampire, für die Vergewaltigung ihrer Mutter zu rächen. Die Vampirjäger Vladimir und Sebastian von der Brimstone Society verfolgen bald ihre Fährte und schaffen es, Rayne für ihre Ziele zu gewinnen. Mit Hilfe einer geheimnisvollen Prophezeiung gelingt es Rayne ein für Kagan wertvolles Artefakt zu ergattern, um somit eine Audienz zu erhalten.
Der Weg zu ihrem Ziel ist jedoch mühsam und die Truppe muss sich gegen böse Feinde bewähren. Viele dunkle Gestalten versuchen, sich ihnen in den Weg zu stellen.
Wir erleben die Figur Rayne, im anfänglichen Verlauf völlig unbeschrieben, was sich mit vorangegangener Filmlänge nicht übermäßig ändern wird, als Jahrmarktsattraktion, als Laune der Natur. Mit übermenschlichen Kräften ausgestattet, verschwinden zugefügte Wunden wie von Geisterhand - jedoch nur, wenn Blut im Spiel ist. Ein Leben in dieser unwirtlichen Umgebung passt der Dame überhaupt nicht, was einen Fluchtversuch, begünstigt durch den sexuellen Übergriff eines Mitarbeiters, mit sich bringt. Erst in der freien Natur verschlingt und schlachtet Loken wie eine läufige Katze auf Beutezug jede Person, die sich ihr in den Weg stellt, unterstützt von der Splatterqualität eines Ittenbach. Herr Boll schätzt deutsche Wertarbeit. Beim Basteln von lustigen Blutfontänen sollte Trash-Filmer Ittenbach jedoch auch bleiben, denn das Gen eines Filmemachers scheint dem Fürstenfeldbrucker nicht in die Wiege gelegt.
Das genannte Gen scheint eben auch Boll abhanden gekommen sein, dem es immer wieder gelingt, unsäglich nicht funktionierende Filme auf die Leinwand zu bringen. Die Magie des Kinos spiegelt sich in keiner Sekunde im Filmmaterial wider. Gewaltige Landschaften, die dem Regisseur beim Dreh in Rumänien zur Verfügung standen, blieben weitestgehend ungenutzt. Von eingestreuten Landschaftsaufnahmen abgesehen, die wild verfremdet durch den Technik-Farbtopf wanderten, bietet „BloodRayne“ allein äußerlich kaum Schauwerte. Die Dramaturgie bleibt dem Film verwehrt, da eine 1:1 Umsetzung eines Spielprinzips filmisch einfach nicht machbar ist. Simple Anforderungen, die nötig sind, um in einem Spiel verschiedene Level zu durchstehen, finden sich deshalb auch in der Umsetzung wieder: Entwende Gegenstand A von Ort B - bringe eben diesen zu Person Y - erhalte als Gegenleistung Gegenstand X.
Geschnürt werden diese „Level“abschnitte durch Reitsequenzen, die das abenteuerliche Flair eines „Herr der Ringe“ verbreiten sollen, im schlichten Betrachtungswinkel jedoch nur einen Zusammenhang zwischen den Handlungssträngen herstellen. Getragen wird ein Film natürlich von einem Mindestmaß an schauspielerischem Können, doch auch dieses hat Boll eindrucksvoll im Keim ersticken können. Ob es an der überwältigenden Anzahl überspitzter Kampfszenen lag und den Darstellern sprichwörtlich die Zunge im Hals stecken blieb? Oscarpreisträger Ben Kingsley. Im „Haus aus Sand und Nebel“ neben Jennifer Connelly vor wenigen Jahren noch bravourös spielend, scheint ihm die Leistung der anwesenden Kollegen auf das Gemüt geschlagen zu sein, anderweitig kann ich mir diese laienhafte Theatervorstellung einer Schul-AG in der Tat nicht erklären. Ob Boll mit großen Namen, die er auf Teufel komm raus immer wieder für seine Projekte gewinnen kann, Schwächen kompensieren möchte, die ohne Frage auf der Hand liegen?
Rayne, die sich in den Videospielen noch reichlich kontrovers gegen Unmengen von Nazischergen zur Wehr setzte, wetzt das bekannte Doppelschwert im Film verständlicherweise ausschließlich gegen Ihresgleichen. Um Freunden der wilden Fleischbeschau ihren Tribut zu zollen, öffnet Kristanna Loken das knappe Lederoutfit in einer „Alone in the Dark“ inspirierten Szene, die im Gesamten betrachtet zwar völlig aus dem Leeren gegriffen scheint und sich auch sonst jeglicher Wirkung entzieht, dem Zuschauer für die gelöhnten Euronen aber immerhin etwas Oberweite präsentiert. Erneut ein Paradebeispiel für die Unfähigkeit Bolls, durchgehend auf Charakterzeichnung setzende Dialoge zu gestalten. Aber gut, wenn es der Sache dient...
Das Umgehen sämtlicher Regeln des Filmemacher-Handbuchs scheint sich trotz ausbleibenden Erfolgs gelohnt zu haben, denn mit „BloodRayne 2“ steht im nächsten Jahr bereits ein für den Videomarkt konzipiertes Sequel im Wilden Westen (!) auf der Türschwelle. Verständlicherweise ohne Loken, die aus der Vergangenheit gelernt zu haben scheint. Und dennoch bleibt ihr Auftritt in eben diesem Fehltritt unvergessen. Und sei es nur wegen des herrlich verkrampften Gesichtsausdrucks. Für trashige Unterhaltung eignet „BloodRayne“ dann eben doch vorzüglich. Wir warten natürlich weiterhin gespannt auf kommende Meisterwerke aus dem Hause Boll KG. Ein Leatherface zum Frühstück verspeisender „Seed“ möchte kommen.
>> verfasst von Torsten Schrader