1999 wurde der legendäre Schriftsteller Stephen King beim Spazierengehen völlig unerwartet von einem Wagen erfasst, landete schwer verletzt im Krankenhaus. Diese unschöne Nahtoderfahrung inspirierte ihn damals zu seiner wahrscheinlich persönlichsten Geschichte überhaupt: Lisey’s Story. Doch trotz (oder gerade wegen) der vielen Parallelen zwischen seinem Werk und der Realität stellte King in Interviews immer wieder klar, dass es sich keineswegs um seine Geschichte handle.
Ihm schwirrte lediglich der Gedanke im Kopf herum, was gewesen wäre, wenn er von jetzt auf gleich aufgehört hätte zu existieren. Was hätte dies für seine Frau und seine Fans bedeutet?
Die Antwort heißt Lisey’s Story (bei uns als Love erschienen) und erzählt von einer Witwe, deren Ehemann zu Lebzeiten ein weltweit umjubelter Schriftsteller war – ein Schriftsteller, der vor seinem Ableben an noch unvollendeten Manuskripten arbeitete.
Und an genau diese Manuskripte will Hardcore-Fan Jim Dooley herankommen – dafür würde er sogar über Leichen gehen: „Ich habe solche Fans selber schon getroffen“, gesteht King, fügt aber auch noch hinzu, dass die Version in seiner Geschichte um ein Vielfaches extremer sei.
Verkörpert wird sie in der Romanverfilmung, die am 4. Juni, also schon in zwei Tagen, auf Apple TV+ startet, von Schauspieler Dane DeHaan, der schon im Found Footage-Hit Chronicle – Wozu bist du fähig? oder der Comicadaption The Amazing Spider-Man 2 als Psychopath unterwegs war.
Hier verleiht er dem Wahnsinn und Fanatismus, dem sich Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, viel zu oft ausgesetzt sehen, aber ein ganz neues, weil ziemlich erschreckendes Gesicht. Überhaupt erwartet Stephen King- und Serienfans ein bemerkenswerter Cast.
Endlich ist das „Traumpaar“ aus Alfonso Cuaróns ähnlich trostlosem Children of Men wieder vereint: Oscar-Preisträger Julianne Moore (A Single Man) übernimmt die Titelrolle der Lisey, die vom Tod ihres Mannes so sehr aus der Bahn geworfen wird, dass sie lange Zeit nicht einmal daran denkt, sein Arbeitszimmer auch nur zu betreten.
Und auch wenn sein Ableben schon direkt zu Beginn eintritt, ist Clive Owen (Elizebath: The Golden Age) als ihr Eheman Scott Landon immer wieder in Rückblenden zu sehen. In weiteren Rollen brillieren Joan Allen aus den Bourne-Filmen oder Jennifer Jason Leigh aus Quentin Tarantinos Western The Hateful Eight.
Sie alle hauchen ihren Charakteren Leben ein – und erschaudern angesichts der schrecklichen Schönheit von Boo’ya Mond. Die „lebende“ Fantasiewelt, in die Lisey und ihr Mann im Laufe der Handlung flüchten, mag wunderschön sein, ist aber auch brandgefährlich. Denn hier soll der mysteriöse Longboy sein Unwesen treiben.
Im Übrigen wollte Stephen King den Anschein erwecken, als könnte dieses alternative Reich der Fantasie eines Kindes entsprungen sein. Entsprechend war Boo’ya Mond immer ein Ort, der von Lesern als bizarr und merkwürdig, aber eben auch als faszinierend bezeichnet wurde. Ob die Serie, bei der King nicht nur Berater und Produzent, sondern auch Autor war, ein ähnliches Gefühlschaos auslöst, zeigt sich ab dem kommenden Freitag zum Start auf Apple TV+.