Knock at the Cabin – Review: M. Night Shyamalans Thriller überzeugt nur bedingt

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Review zu Knock at the Cabin: Nach den niederschmetternden Erfahrungen mit seinen von der Kritik verrissenen Großproduktionen Die Legende von Aang (2010) und After Earth (2013) nahm M. Night Shyamalan einen Richtungswechsel hin zu einem wieder weniger verschwenderischen Kino vor. Sein Comebackversuch The Visit (2015) entpuppte sich als kleiner, örtlich und personentechnisch begrenzter Schocker mit satirischen Einlagen.

Split (2016) und Glass (2019) kreuzten das Superheldenmotiv mit Elementen des Psychothrillers. Und Old (2021) spielte fast ausschließlich an einem mysteriösen Strand ohne Ausweg, an dem die Figuren binnen kurzer Zeit merklich altern.

Auch Shyamalans nächste Leinwandarbeit Knock at the Cabin, eine Adaption des 2018 veröffentlichten Romans Das Haus am Ende der Welt von Paul Tremblay, ist, was Schauplätze und Charaktere betrifft, nicht gerade ausufernd. Inhaltlich wird allerdings ein gewaltiges Fass aufgemacht, geht es doch um den in letzter Zeit so oft beschworenen Untergang der Menschheit.

Ein Provinz-Home-Invasion-Thriller

Interessant wird dieser langsam etwas abgenutzte Erzählbaustein, weil er im Rahmen eines Provinz-Home-Invasion-Thrillers zum Tragen kommt. Knock at the Cabin führt uns – der Titel lässt es erahnen – in eine einsame Waldgegend, in der Andrew (Ben Aldridge) und Eric (Jonathan Groff) mit ihrer Adoptivtochter Wen (Kristen Cui) ein paar ruhige Tage verbringen wollen.

Das Zirpen der Grillen ist allgegenwärtig, und kraftvoll brechen die Sonnenstrahlen durch das Blätterdach rund um das hölzerne Ferienhaus. Dass die Idylle trügerischer Natur ist bzw. schon bald dahin sein wird, deutet das Gespräch zwischen dem kleinen Mädchen und einem hünenhaften Fremden (Dave Bautista) an, der sich ihr langsam nähert und als Leonard vorstellt.

Er müsse mit ihr und ihren Vätern sprechen und die vielleicht wichtigste Aufgabe in der Geschichte erledigen. Leicht schiefe Kameraperspektiven, die übersteigerten Umgebungsgeräusche und die in nervösen Seitenblicken greifbar werdende Anspannung des muskelbepackten Unbekannten lassen sofort eine unheilvolle Stimmung entstehen.

M. Night Shyamalan auf dem Set von Knock at the Cabin. ©Universal Pictures

Ein gemeines Quartett

Kurz darauf wird die Bedrohung handfester. Nach Wens Flucht ins Haus klopft es auch schon mit Nachdruck an der Tür. Leonard und seine mit brachialen Waffen ausgestatteten Begleiter Sabrina (Nikki Amuka-Bird), Adriane (Abby Quinn) und Redmond (Rupert Grint) bitten um Einlass und verschaffen sich gewaltsam Zutritt, als Andrew und Eric sie entschieden abweisen.

Den Moment der home invasion orchestriert der Regisseur in all seiner Unvermitteltheit geschickt. Scheiben bersten, ein konstantes Hämmern ist zu hören, und die Kamera wird vom Chaos erfasst. Was folgt, erwartet man nicht unbedingt in einem Film, der wie ein klassischer Backwoods-Streifen beginnt. Andrew und Eric werden festgebunden und staunen erst einmal darüber, dass sich die Eindringliche vorstellen. Name, Beruf, Wohnort.

Der eigentliche Knaller kommt aber noch: Die Vier haben sich, so behaupten sie, über ein Forum im Internet gefunden, da sie alle von den gleichen Visionen verfolgt werden. Visionen, in denen die Apokalypse über die Erdenbewohner hereinbricht. Zu sehen ist dort auch, dass einzig Wen und ihre Väter die Katastrophe überleben würden, sie aber auch abwenden könnten. Wie? Indem einer von ihnen durch ein anderes Mitglied der Kleinfamilie getötet wird.

Jonathan Groff vs. Dave Bautista. ©Universal Pictures

Das Schicksal der ganzen Menschheit

Die Prämisse von Tremblays Roman und dessen Verfilmung hat einen eigenwilligen Reiz. Immerhin kratzt das Dilemma der Protagonisten an existenziellen Fragen: Würde ich alles dafür tun, meine Liebsten zu schützen? Selbst dann, wenn das Schicksal der ganzen Menschheit an meiner Entscheidung hinge? Wäre ein Leben überhaupt noch lebenswert, wenn es nach dem großen Knall nur noch mich und meine Familie gäbe?

Knock at the Cabin lädt dazu ein, sich selbst in die Position der überrumpelten Hauptfiguren zu versetzen, und schafft ausreichend Bindung, selbst wenn Shyamalan und seine Koautoren Steve Desmond und Michael Sherman nicht allzu tief in die moralische Diskussion einsteigen.

Den beiden liebevollen Vätern, deren Beziehung in kurzen Rückblenden etwas mehr Fleisch bekommt, und ihrem Kind drückt man von Anfang an bereitwillig die Daumen. So wie sie würde man wahrscheinlich selbst auf die Ankunft der ungebetenen Gäste und ihre absurd klingenden Behauptungen reagieren: Eigentlich kann es sich bei den Einbrechern nur um religiöse Spinner handeln.

Regisseur M. Night Shyamalan und Dave Bautista. ©Universal Pictures

Konservativ-biblische Vorstellungen

Mitglieder einer Weltuntergangssekte, die sich für ihre Spielchen gezielt Menschen ausgesucht haben, deren Familienmodell konservativ-biblische Vorstellungen sprengt. Oder ist doch alles ganz anders? Denken muss man so oder so an all die abstrusen Verschwörungsideologien und verwirrten Endzeitpropheten, die heute, befeuert durch die Corona-Pandemie, ihren Irrsinn unter die Leute bringen.

Bestimmt werden sich manche Zuschauer maßlos darüber echauffieren, dass Knock at the Cabin, ebenso wie die Buchvorlage, Diversität großschreibt. Solchen Klagen muss man allerdings vehement entgegentreten. Zum einen ist es erfrischend, in einem apokalyptischen Horrorthriller einmal eine seltene Figurenkonstellation anzutreffen.

Zum anderen wirft die Tatsache, dass ein schwules Paar und ein Mädchen mit asiatischen Wurzeln im Zentrum stehen, besondere Erträge ab. Warum? Ganz einfach deshalb: Mehrfach wird betont, dass Andrew und Eric in ihrem Leben homophobe Angriffe erdulden mussten. Und nun sollen ausgerechnet sie für die häufig so abweisende Gesellschaft das denkbar größte Opfer bringen? Eben dieser Gedanke verleiht dem Film eine gewisse Ambivalenz.

Moralisch-philosophischer Überbau

Ansonsten befasst sich Knock at the Cabin eher oberflächlich mit seinem moralisch-philosophischen Überbau. Wichtiger ist den Machern das Katz-und-Maus-Spiel, das sich in der und rund um die Waldhütte entspinnt. Nahaufnahmen von verzweifelten Gesichtern, der Wechsel zwischen Schärfe und Unschärfe und angemessen fiebrige Darstellerleistungen – Dave Bautista gibt die womöglich beste Performance seiner Karriere – erzeugen eine klaustrophobische Atmosphäre.

In diese sind einige wahrlich nervenaufreibende Szenen eingearbeitet. Die Suche nach einer Pistole zum Beispiel lässt den Puls schlagartig nach oben schnellen. Shyamalan wäre jedoch nicht Shyamalan, wenn er gute Ideen und starke Ansätze nicht in einem streitbaren dritten Akt riskieren würde.

Knock at the Cabin verliert Wen zu sehr aus den Augen, macht es sich gegen Ende etwas einfach, klammert sich an einen plumpen, zwischendurch gesäten Hinweis und dürfte das Publikum auf eher ungewohnte Weise überraschen. Was genau gemeint ist, wollen wir an dieser Stelle verschweigen. Festzuhalten bleibt aber: Restlos zufriedenstellend ist das, was der Regisseur mit dem saftigen Ausgangsszenario anstellt, leider nicht.

>> von Christopher Diekhaus

Ab 09. Februar 2023 im Kino: Knock at the Cabin. ©Universal Pictures

Geschrieben am 02.02.2023 von Carmine Carpenito
Kategorie(n): Knock at the Cabin, News